Können Sie uns kurz etwas über sich selbst und Ihre Erfahrung als Kinderschlafcoach erzählen?

Mit der Geburt meines ältesten Sohnes vor 14 Jahren fing ich an, mich mit dem Thema Schlaf auseinanderzusetzen. Denn er schlief einfach schlecht. Ich war so durch, total gerädert und morgens nicht selten total verzweifelt. Das war mein Einstieg in die Welt des Schlafs. Ich habe alles zum Thema gelesen, bin Schlafcoachs in Amerika gefolgt -damals gab es sowas in Deutschland noch gar nicht- und hab dann selber verschiedene Ausbildungen zum Thema Schlaf gemacht. Oft entstehen Schlafprobleme aus Unwissenheit oder Verunsicherung der Eltern. Niemand sagt uns, auf was wir achten können, wenn ein Kind in die Familie kommt, damit es einfach gut schläft. Wir probieren dann dies und das, wir wissen aber auch gar nicht, was eigentlich normal ist und was nicht und an jeder Ecke gibt es ganz verschiedene Infos die uns am Ende noch verwirrter dastehen lassen als wir eh schon sind. Ich verstehe die Arbeit als Schlafcoach hauptsächlich darin, den Eltern Informationen darüber zu geben, was sie von ihrem Kind erwarten können und was nicht, was kindgerechtes Schlafen bedeutet und was eben auch nicht. Viele Frauen wissen eigentlich ganz genau, was gut ist für sie und ihr Kind. Sie trauen sich selbst nur nicht, sie haben verlernt, auf ihre Intuition, auf ihr Bauchgefühl zu hören. Was ich auch nicht verwundert, bei so vielen Informationen über Schlaf und vor allem Kinderschlaf, die es mittlerweile an jeder Ecke gibt. Nicht alles davon ist gut und hilfreich. Meine Aufgabe sehe ich ganz klar auch darin, den die Mütter wieder in ihrer Intuition zu stärken, ihnen zu sagen, dass es okay ist, sich da zu vertrauen.

Wie viel Schlaf benötigen Kinder unterschiedlichen Alters? Und warum ist es so wichtig, dass Kinder ausreichend und qualitativ hochwertigen Schlaf bekommen?

Das ist wirklich sehr individuell zu betrachten. Ich bin kein großer Fan von Tabellen in denen steht, dass ein Kind so und so viel zu schlafen hat mit einem bestimmten Alter. Wichtig ist sich den Tagesablauf und die Schlafenszeiten anzuschauen und das Kind dabei zu beobachten. Ist es gut drauf, fröhlich, entwickelt es sich gut oder gibt es Anzeichen von Müdigkeit oder Übermüdung? Qualitativ hochwertiger Schlaf sollte auf jeden Fall in allen Altersstufen angestrebt werden. Im Schlaf passiert so viel Gutes für uns und unseren Körper. Ich sage immer, guter Schlaf ist eine Zauberkraft. Es ist der Schlüssel zu einem glücklichen und erfüllten Leben. Unser Immunsystem wird gestärkt, Zellerneuerung findet statt, die seelische Müllabfuhr ist im Schlaf unterwegs, neu gelerntes wird verarbeitet…. Körperliche und geistige Erholung braucht guten, gesunden, erholsamen Schlaf. Egal wie alt wir sind.

Welche Auswirkungen hat schlechter Schlaf auf ihre Entwicklung?

Kinder, die nicht genug schlafen sind erstmal keine so angenehmen Zeitgenossen. Sie sind oft quengelig, wirken unzufrieden, weinen mehr. Und langfristig kann das auf die gesamte Entwicklung Auswirkungen haben, was Wachstum und Lernfähigkeit angeht. Das Immunsystem arbeitet nicht mehr so gut, die Kinder sind häufiger krank. Wenn Babys und Kinder herausfordernde Schläfer sind und sich ungünstige Gewohnheiten etablieren, die nicht dazu führen, dass das ein gesunder Schlaf entwickelt besteht die Gefahr, dass diese Kleinen Menschen mit Schlafproblemen zu großen Menschen werden, die ihre Schlafprobleme mitnehmen. Es macht also total Sinn, schon früh zu schauen was die Voraussetzungen für guten Schlaf sind und diese dann auch umzusetzen, bzw. Schlafprobleme anzugehen, wenn es schon welche gibt.

Mit welchen Problemstellungen kommen Eltern am häufigsten auf Sie zu?

Die häufigsten Probleme sind: Das Baby schläft nur mit viel Hilfe von außen ein, Brust, Flasche, wippen, wiegen, wippen - die Eltern müssen immer relativ viel Tamtam veranstalten, damit das Kind schläft. Dazu kommt dann meistens, dass diese Kinder auch nachts sehr oft, teilweise stündlich aufwachen und dann wieder diese Hilfe einfordern um weiterschlafen zu können.

Was noch ein häufiges Problem ist sind Kinder, die lange brauchen um einzuschlafen, die nicht im eigenen Bett oder im eigenen Zimmer schlafen möchten. Hier haben oft die Eltern ein Problem damit, da sich die meisten abends auch irgendwann mal Feierabend wünschen um zum Beispiel noch Paar Zeit zu haben.

Welche Altersgruppen von Kindern haben typischerweise besondere Schlafherausforderungen?

Die meisten Eltern wenden sich an mich, wenn ihre Kinder zwischen 9 Monaten und 2 1/2 Jahren alt sind.

Welche Rolle spielt die Schlafumgebung bei der Förderung eines gesunden Schlafs für Kinder? Haben Sie einige Tipps, um die Schlafumgebung zu optimieren?

Die Schlafumgebung spielt in jeder Altersgruppe eine wichtige Rolle, ist also auch bei Babys und Kleinkindern schon sehr wichtig. Bei den ganz Kleinen sogar ganz besonders, weil damit die Risiken für den plötzlichen Kindstod minimiert werden können.

Folgende Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin gelten als gesichert und sollten den Eltern aller Neugeborenen zugänglich gemacht werden:

  • Das Kind sollte auf dem Rücken schlafen. Die Unterlage sollte fest und horizontal (d. h. nicht schräg) sein.
  • Das Kind sollte am Tag, solange es wach ist und von den Bezugspersonen gut beobachtet werden kann, regelmäßig für kurze Zeit auch auf den Bauch gelegt werden, um die motorische Entwicklung zu fördern und einer asymmetrischen Kopfform vorzubeugen.
  • Überwärmung vermeiden: Während der Nacht ist eine Raumtemperatur von 18°C optimal, statt Bettdecke sollte ein Baby-Schlafsacks in altersentsprechender Größe genutzt werden.
  • Falls kein Schlafsack verwendet wird: drauf achten, dass das Kind nicht mit dem Kopf unter die Bettdecke rutschen kann, indem es so ins Bett gelegt wird, dass es mit den Füßen am Fußende anstößt.
  • Auf Kopfkissen, Fellunterlagen, „Nestchen“, gepolsterte Bettumrandungen und größere Kuscheltiere, mit denen sich das Kind überdecken könnte, verzichten.
  • Das Kind zum Schlafen nicht zu fest einwickeln.
  • Das Kind sollte im Elternschlafzimmer, aber im eigenen Kinderbett schlafen; dies gilt vor allem für die ersten 6 Lebensmonate. Kinder von Rauchern sind besonders gefährdet, wenn sie mit im elterlichen Bett schlafen.
  • Auf eine rauchfreie Umgebung für das Kind achten, auch schon während der gesamten Schwangerschaft.
  • Stillen im 1. Lebensjahr, möglichst mindestens 4–6 Monate.
  • Schnuller zum Schlafengehen (kein Zwang; d. h. z. B. keine Re-Platzierung des Schnullers beim schlafenden Kind).
  • Mit zunehmendem Einsatz von Bildschirmen in der heutigen Zeit – wie beeinflusst Bildschirmzeit vor dem Schlafengehen den Schlaf von Kindern und welche Maßnahmen können Eltern ergreifen, um dies zu minimieren?

    Es ist wissenschaftlich meines Wissens nach nicht klar belegt, dass das Blaulicht den Schlaf stört. Was aber definitiv nicht schaden kann sind Blaulichtfilter, die wir alle benutzen sollten, wenn wir abends noch Zeit am Bildschirm verbringen. Bei Kindern ist vielmehr der Input dessen, was sie konsumieren ein Problem für den erholsamen Nachtschlaf. Videospiele oder Kurzvideos a la TikTok oder YouTube Short sorgen für extreme Dopamin Ausschüttung. Das Gehirn ist also quasi unter Dauerstrom, und das hindert die Kinder daran, runterzufahren und entspannt einzuschlafen.

    Gibt es spezifische Entspannungstechniken oder Rituale, die Eltern in die Schlafenszeit-Routine ihrer Kinder einbeziehen können, um den Übergang zum Schlaf zu erleichtern?

    Grundsätzlich ist es wichtig überhaupt ein Ritual zu haben. Kinder profitieren sehr von wiederkehrenden und verlässlichen Strukturen. So helfen Einschlafrituale auch beim Übergang vom Tag in die Nacht. Das Ritual am Abend sollte ruhig sein, auf die besondere Stimmung der Nacht vorbereiten und das Kind nicht noch extra aufputschen. Also gerne gemeinsam etwas lesen, kuscheln, bindungsstiftende Zeit miteinander verbinden und bei älteren Kindern auch gerne nochmal kurz über den Tag reden, was nicht so toll war und was richtig doll Spaß gemacht hat.

    Die Ernährung kann auch den Schlaf beeinflussen. Gibt es Lebensmittel oder Getränke, die vermieden oder gefördert werden sollten, um die Schlafqualität von Kindern zu optimieren?

    Als Faustregel gilt: keinen Zucker oder zuckerhaltige Getränke mind. 2 Stunden, bevor es ins Bett geht, da Zucker eine aufputschende Wirkung hat. Ansonsten sollte die Ernährung ausgewogen, bunt und abwechslungsreich sein. Bei Babys ist dieser Punkt allerdings noch nicht so entscheidend, da viele Kinder in dem Alter bis 1 ja oft noch voll gestillt werden oder die Flasche bekommen.

    Abschließend: Wann sollten Eltern in Erwägung ziehen, professionelle Hilfe von einem Kinderschlafcoach wie Ihnen in Anspruch zu nehmen? Welche Anzeichen deuten darauf hin, dass es sich nicht mehr um normale Schlafprobleme handelt?

    Wenn ein Schlafproblem länger als 4 Wochen andauert und öfter als 3x/Woche auftritt und ein Familienmitglied unter der Situation Leder ist es immer ein guter Zeitpunkt, zumindest mal ein kurzes Beratungsgespräch in Anspruch zu nehmen um zu schauen, ob und wie professionelle Hilfe nötig ist.

    Wichtig ist hier zu gucken, wo man sich Hilfe holt, da der Begriff Schlafcoach oder Coach in Deutschland nicht geschützt ist. Man sollte als Eltern also einmal nach den Qualifikationen der beratenden Personen schauen oder auch gucken, ob der Schlafcoach in einem Berufsverband ist, wie z.B. dem DVSCC, dem DACH-Verband der Schlaf- und Chronocoaches der regelmäßigen Weiterbildungen anbietet sich für eine Qualitätssicherung im Schlafcaoching Bereich in der DACH-Region engagiert.

    Website Inga Ahlers:

    www.ingaahlers.de