Herr Dr. Schott, Ihr Buch heißt „Erfolgsfaktor Schlaf“. Fangen wir einmal umgekehrt an: Welche Auswirkungen hat Schlafmangel auf die Produktivität und Effizienz am Arbeitsplatz?

Unausgeschlafen sind wir weniger konzentriert, viel leichter ablenkbar, weniger motiviert, unsere Kreativität ist eingeschränkt, wir sind weniger empathisch, kommunizieren schlechter, was sich auf die Teamleistung negativ auswirken kann, unser Gedächtnis funktioniert schlechter, gesundheitlich sind wir nicht in Bestform, unsere Körper sind anfällig für Infekte, unsere Energiedepots sind nicht optimal aufgefüllt. Alles Faktoren, die die Produktivität und auch Effizienz beeinflussen. Und umgekehrt können wir ausgeschlafen auf all diese Faktoren zurückgreifen und können damit produktiv und erfolgreich sein.

Welche Rolle spielt die Schlafqualität im Zusammenhang mit beruflichen Entscheidungsprozessen und der Problemlösung?

In der Tat kommt es nicht nur auf die Schlafzeit an, sondern auch auf die Qualität, darauf, dass wir ausreichend Tief- und REM-Schlaf bekommen. Im Tiefschlaf wird beispielsweise Wachstumshormon gebildet, eine Dopingsubstanz, die dazu beiträgt, dass unsere Energiespeicher aufgefüllt werden und im Tiefschlaf wird dann quasi unser Gehirn gespült, von den Stoffwechselprodukten des Tages befreit, zwei wichtige Faktoren, um leistungsfähig zu sein. Und im REM-Schlaf, den wir eher zum Morgen hin in den Schlafstunden 6, 7 oder 8 haben, werden die Emotionen des vorangegangenen Tages verarbeitet, so dass wir mit ausreichend REM-Schlaf souveräner und selbstbewusster sind, besser kommunizieren und kreativer sind. Wir können leichter Probleme lösen, sind spontaner und flexibler im Kopf, haben mehr Fantasie und können auf unsere Potenziale viel besser zurückgreifen. So treffen wir dann auch bessere Entscheidungen.

Welche Rolle spielt Schlaf bei der Stressbewältigung und dem Umgang mit beruflichem Druck?

Das ist ja ein Teufelskreis. Stress ist „der“ Schlafsaboteur. Das Stresshormon Cortisol behindert z. B. die Melatonin Bildung. Deshalb ist es auch so wichtig aus dem Stress herauszukommen, um gut schlafen zu können. Dazu gehört es, die Muster zu erkennen und zu bearbeiten, die uns stressen. Das sind oft tieferliegende Strukturen und Programmierungen in unserer Persönlichkeit. Da kann auch der berufliche Druck sich negativ auf den Schlaf auswirken. Und umgekehrt ist der Schlaf der wichtigste Erholungsfaktor und wichtig für die Stressbewältigung. Ausgeschlafen können wir wesentlich souveräner mit herausfordernden Situationen umgehen, sind weniger leicht zu stressen.

Gibt es bestimmte Schlafgewohnheiten, die Sie als besonders förderlich für den beruflichen Erfolg ansehen?

Schlaf zur Priorität machen, dann stimme ich auch mein Verhalten am Tag darauf ab. Denn so wie wir den Tag verbringen, so wird die Nacht und umgekehrt. Regelmäßiger Schlaf, also möglichst immer, auch am Wochenende und im Urlaub zur gleichen Zeit ins Bett gehen, ist ein ganz wichtiger Faktor um jede Nacht erholsam zu schlafen. Wichtige Faktoren für einen erholsamen Schlaf ist auch eine gewisse Bettschwere, für die Bewegung, Sport, auch ruhig mal auspowern ganz wichtig. Am besten draußen an der frischen Luft und im Tageslicht und wenn es 15 Minuten im Morgenlicht und 15 Minuten im Abendlicht sind. Das Tageslicht ist ein wesentlicher Faktor für die Synchronisation unserer inneren Uhr und sorgt für eine entsprechende Serotonin-Bildung. Serotonin ist eines unserer Glückshormone und die Vorläufer-Substanz, aus der dann das Melatonin gebildet wird. Ein kühles Schlafzimmer und ein hochwertiges Bettsystem tragen auch zu einem erholsamen Schlaf bei.

Wie können Unternehmen die Schlafgesundheit ihrer Mitarbeiter fördern, um die Arbeitsleistung zu steigern?

Ein Bewusstsein dafür schaffen, auch mit entsprechenden Fortbildungen, dass der Schlaf der Mitarbeiter wirklich wichtig ist, im Rahmen der Fürsorge, Wertschätzung der Menschen, die im und am Unternehmen arbeiten. Wertschätzende Mitarbeiterführung, Konflikte zeitnah lösen, damit die Mitarbeiter nicht irgendwelche Belastungen, negativen Gedanken mit nach Hause nehmen Möglichkeiten für kleine Pausen im Berufsalltag, vielleicht sogar für einen kurzen Mittagsschlaf schaffen, Bewegung, Tageslicht einrichten. Auf mentale Gesundheit achten und Schlaf belohnen, z. B. über Trackingsysteme, was eine Zukunftsidee wäre. Keine Emails mehr am Abend, keine permanente Erreichbarkeit fordern.

Können Sie Beispiele aus Ihrem eigenen beruflichen Werdegang teilen, in denen ausreichender Schlaf einen signifikanten Einfluss auf Ihre Leistung hatte?

Früher fand ich Nachtdienste teilweise extrem anstrengend, als Ärzte tragen wir eine hohe Verantwortung, sind aber selbst manchmal richtig müde. Wichtig war es für mich immer, in der Nacht vor einem Nachtdienst, egal ob in der Klinik, als Notarzt oder auf dem Hubschrauber gut zu schlafen. Um dann im Nachtdienst besser über die Runden zu kommen. Hatte ich mehrere Nachtdienste hintereinander, dann war es wichtig durch viel Bewegung, am besten im Tageslicht einen Schlafdruck aufzubauen, damit ich tagsüber schlafen kann, um auch in der folgenden Nacht wieder leistungsfähig zu sein. Heute trage ich als OP-Manager eine hohe Verantwortung, muss sehr viele Entscheidungen unter Zeitdruck treffen, mit vielen Menschen kommunizieren und das gelingt ausgeschlafen viel leichter. Und wenn ich Vorträge, auf Reisen bin, dann stellen Faktoren, wie Aufregung, Reisen, Hotelschlaf Herausforderungen dar, mit denen ich mittlerweile sehr gut umgehen kann, um dann auch souverän im Fernsehen zu sein oder meine Vorträge und Seminare zu halten.

Gibt es spezifische Techniken oder Methoden, die Ihnen geholfen haben, Ihren eigenen Schlaf zu optimieren, um erfolgreich zu sein?

Möglichst morgens und abends ein paar Minuten Tageslicht tanken und mich sportlich alle zwei bis drei Tage auspowern. Und dann meinen Wecker auf 21:00 Uhr zu stellen. Ich mache dabei eine Rückwärtsplanung. Um 07:00 Uhr möchte ich in der Arbeit sein, ich brauche morgens eine Stunde für mich und den Weg zur Arbeit, möchte also ausgeschlafen um 06:00 Uhr aufstehen und benötige 8 Stunden Schlaf, daher möchte ich um 22:00 Uhr schlafen und gebe mir vorher eine Stunde, um meinem Körper das Signal zu geben runterzufahren. Dann wird das Smartphone zur Seite gelegt, und ich mache noch etwas Ruhiges, lesen, meditieren oder eine Atemübung und bereite mich so auf die Nacht vor.

Wir freuen uns, dass Dr. Martin Schlott am 18. Februar 2024 als Keynote Speaker auf der „besser schlafen“ zu hören ist!